Die Umsetzung von neuen funktionsübergreifenden Prozessen in Unternehmen bedarf einer guten konzeptionellen Planung. Eine vollständige Umsetzung der ITIL Prozesse in einem Unternehmen ist überaus zeitintensiv und sehr aufwändig. Auch wenn das Rahmenwerk der OGC primär auf IT-Prozesse abzielt, ist die Umsetzung dieses Modells vor allem auch ein Organisationsthema, dass das gesamte Unternehmen betrifft. Der Aufbau der Best-Practices Bibliothek lässt eine sukzessive Einführung von einzelnen Themenbereichen ähnlich eines Baukastens zu.

Jedes Unternehmen muss situativ selber entscheiden, welche Inhalte und Prozessabläufe für das Geschäft dienlich sind, um den gewünschten Erfolg zu erzielen. Zu Beginn der eigentlichen operativen Projektumsetzung sollte die Frage, was die Auslöser und Ziele für die Organisation sind, geklärt werden. Da es sich um grundlegende Änderungen des betrieblichen Ablaufs handelt, dürfen die menschlichen Ressourcen, mit ihren Bedenken und Gewohnheiten, bei der Planung nicht vernachlässigt werden. Besonders wichtig ist es, eine sichtbare Unterstützung der Führungskräfte als Treiber für eine solche Veränderungsprozess zu haben, damit die umzusetzenden Prozesse auch "`Business-Enabler"' werden können. Oft wird hier der Weg über eine Beratungsfirma genommen, damit das Know-how von Beginn an im Haus zur Verfügung steht und dadurch lehrreiche Erfahrungen nicht viel Zeit und Geld kosten. Die einzelnen Themen benötigen jeweils einen Verantwortlichen, der die Abläufe und Prozesse konzipiert, dokumentiert und umsetzt. Durch diese Zusammenarbeit erhalten die Mitarbeiter einen Bezug zu den Steuerungsmethoden und können sich einfacher damit identifizieren.

Falls beispielsweise das Incident Management zuerst eingeführt werden soll, müssen auch die abhängigen Prozesse und notwendigen Schnittstellen umgesetzt werden. Erst wenn diese Punkte gegeben sind, kann von einem ganzheitlichen und lebenden Prozess gesprochen werden. Es darf nicht der Fehler begangen werden, dass einmalig neue Methoden aufgesetzt und keiner regelmäßigen Überprüfung auf Effektivität und Effizienz unterzogen werden. Dieser kontinuierliche Verbesserungsprozess nach CSI ermöglicht ein Entwicklungspotential, das eine höhere Qualität der neuen Prozesse liefert. Eine Verankerung in der Organisation ist unumgänglich und für den Erfolg eines solchen Projektes verantwortlich.

Die Unternehmensführung muss bereits nach der Grundsatzentscheidung ITIL als Rahmenwerk zu nutzen, für die Synchronisation der Unternehmensziele mit den IT-Zielen Sorge tragen. Ausgehend von der Geschäftsstrategie entwickeln sich inhaltlich die zu nutzenden Prozesse und Abläufe der IT-Prozesse nach ITIL. Die Verankerung von Servicemanagement bedeutet eine entsprechende Anzahl von personellen und finanziellen Ressourcen. Gerade dieser Aspekt ist bei kleinen und mittleren Unternehmen selten gegeben und bedarf besonderer Betrachtung.

Wie dargestellt, gibt es einige konzeptionelle Hürden, die bei der Umsetzung des Referenzrahmens ITIL und der Planung der Prozesse für eine optimale Geschäftsunterstützung zu beachten sind. Für die Umstellung des IT-Bereiches und die Einbindung in den Rest der Organsisation gibt es verschiedene Arten der möglichen Implementierung, die von den Unternehmenszielen, der angedachten Umsetzungsgeschwindigkeit und bereits vorhandenen Geschäftsgegebenheiten abhängig sind. Unterschiedliche Ausgangssituationen können zu unterschiedlichen Vorgehensweisen mit angepassten Ausprägungen führen. Es existieren kaum Unternehmen in denen gar keine offensichtlichen Prozesse vorhanden sind. Auch wenn in KMU die Geschäftsabläufe nur sehr selten hinreichend dokumentiert sind und vieles nur auf Zuruf erledigt wird, so ist doch ein gewisser Grad an prozeduralem Formalismus vorhanden. Die Mehrheit der Unternehmen hat bereits Ansätze in unterschiedlichen Reifegraden, die in die Umsetzung von ITIL mit einbezogen und optimiert werden können und müssen.

Eine Herausforderung besteht darin, die für das Unternehmen und die jeweilige Konstellation richtige Implementierungsmethodik zu identifizieren. Wenn der falsche Ansatz gewählt wurde und das ganze Projekt deswegen scheitert, wird die Einführung sowohl seitens der Mitarbeiter als auch seitens des Managements grundsätzlich in Frage gestellt. Die gewählte Umsetzungssmethode und die damit verbundene Vorgehensweise fällt dabei in den seltensten Fällen in den Fokus der Kritik.

Einen konkreten Vorschlag bezüglich der grundsätzlichen Vorgehensweise zur Implementierung liefert ITIL nicht, sondern betont ausdrücklich, dass es nicht den einen richtigen Weg gebe. Daher sollen mögliche Konzepte zur Einführung von Prozessen ausgewählt werden, die sich je nach vorhandener Ausgangssituation für die Einführung des Referenzrahmens in mittelständischen Unternehmen eignen. Kittel et al. schlägt hierfür die Modelle Single, Multi und Phase Process Approach als passende Einführungskonzepte vor. Eine weitere mögliche Einführungsmethode ist das Big-Bang Verfahren. Unter einem Big-Bang der Prozesseinführung versteht man, dass sämtliche Prozesse der ITIL Bibliothek nahzu gleichzeitig umgesetzt werden würden. Nach Smith ist dies in der Praxis auch bei neu gegründeten Unternehmen kein realistisch durchführbares Szenario, da neben den an dem IT-Umsetzungsprojekt beteiligten Mitarbeitern auch der gesamte Betrieb in die Realisierung der notwendigen Schnittstellen involviert wäre. Ein normaler Geschäftsbetrieb ist dann nicht mehr möglich, die Organisation wäre faktisch für einen längeren Zeitraum handlungsunfähig. Daher wird diese Methodik insbesondere für KMU ausgeschlossen.

Beim als Single Process Approach bezeichneten Verfahren, wird ein Prozess nach dem anderen entwickelt, eingeführt und auf die Geschäftsanforderungen optimiert. Bis alle betrachteten Methoden auf diese Art und Weise - also sequenziell - implementiert sind, kann relativ viel Zeit vergehen. Die neuen Abläufe funktionieren dafür in der Regel jedoch sehr stabil und haben eine starke, nachhaltige Wirkung auf die gesamte Organisation. Bei dem sequentiellen Vorgehen besteht jedoch grundsätzlich die Gefahr, das auf Grund von möglichen unternehmensstrategischen Veränderungen die Umsetzung ins Stocken gerät oder auch ganz abgebrochen wird. Das Ergebnis wäre dann ein inkonsistentes und zu den Zielen des Unternehmens kontraproduktiv eingeführtes IT-Servicemanagement.

Generell benötigen die ITIL Empfehlungen ein aus den restlichen Konzepten bestehendes Umfeld, da sonst die notwendigen Schnittstellen für die optimale Funktion nicht besetzt sind. Dies ist eine weitere Schwierigkeit bei einem Vorgehen nach der Einzelprozessumsetzung. Um bei dem Beispiel des Incident Managements zu bleiben, benötigt dieser Prozess ein Problem und ein Change Management, da sonst wichtige Aufgaben nicht erfüllt werden können. Führt man im Zuge des sequentiellen Verfahrens nur das Incident Management ein, hängt dieser Prozess sozusagen schwebend in der Luft. Die Einführung von einzelnen Teilen einer Phase hat immer zur Folge, dass an den Schnittstellen Übergangslösungen geschaffen werden müssen. So können die eingeführten Prozesse nicht den vollen Nutzwert erbringen, oder sogar zu einem Mehraufwand ohne sichtbare Quick-Wins führen.

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Als paketorientierter Ansatz bündelt das Multi Process Approach Verfahren mehrere Methoden. Hierbei werden einzelne Prozesse zusammengefasst und nahezu gleichzeitig umgesetzt. So werden beispielsweise oft das Incident- zusammen mit dem Change- und dem Problem-Management als wesentliche Kernprozesse des Servicemanagements in einem Schritt eingeführt.

Das Hauptproblem besteht darin, herauszufinden, in welchem Bereich des Unternehmens die größte Handlungsnotwendigkeit besteht. So kann als eine gängige Methode beispielsweise die Chancen/Risiken Analyse zur Identifizierung der essentiellen Prozesse eingesetzt werden. Die hierdurch ermittelten Informationen können dann für ein Einführungsprojekt zusammengefasst werden. Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass man eng verwandte Themen strukturiert bündeln kann. Auch eine Auswahl nach Notwendigkeit oder Wichtigkeit für das Unternehmen kann getroffen werden. Problematisch ist die Auswahl an sich. Ein aktuell gering entwickelter Geschäftsprozess hat nicht automatisch die größte Bedeutung. Und die dann Ausgewählten haben möglicherweise nicht die wesentlichen Schnittstellen miteinander. In allen Fällen laufen auch hier höchstwahrscheinlich entscheidende Schnittstellen vorübergehend ins "Leere".

Als Sonderform der Paketprozessumsetzung besteht die Herangehensweise im phasenbasierten Vorgehensmodell darin, alle Empfehlungen einer Phase parallel umzusetzen. So würden im Phase Process Approach beispielsweise alle Prozesse der Service Operation, also neben dem angesprochenen Incident-Management, auch das Request-Fullfillment, sowie Access, Problem und Event-Management zeitgleich realisiert. Auf Grund der großen Komplexität und der starken entstehenden Veränderung im Unternehmen bedeutet das für die betroffene Organisation einen überaus hohen Ressourcenaufwand.

Das normale Tagesgeschäft würde in der Gestaltung und Umsetzung der Konzepte stark eingebunden. Der in ITIL eingeführte Aspekt des Lebenszyklusses beinhaltet, dass alle Phasen ineinandergreifen. Jeder Prozess hat eine oder mehrere Prozessschnittstellen, die "bedient" werden müssen. Führt man nur Prozesse einer Phase mit den dazugehörenden Schnittstellen ein, haben diese keine "Pendants" in den anderen Phasen, da sie noch nicht existieren. Damit wird eine große Schwäche des Multi Process Approach reduziert, wenn auch nicht ganz beseitigt.