COBIT ist seit den 1990ern das Referenzwerk, wenn es darum geht, Informations- und Technologieeinsatz vorhersagbar, wirksam und auditierbar zu steuern. Jede veröffentlichte Version hat neue Realitäten aufgegriffen – von standardisierten IT-Prozessen, über Service-Orientierung und Compliance bis hin zu Cloud, Agilität und Cyber-Resilienz. Die eigentliche Frage lautet heute: Welche Rolle spielt COBIT in einer Welt, in der Software zum Produkt wird, Daten zum Rohstoff, KI Entscheidungen vorbereitet, Lieferketten digital ineinandergreifen und Regulierungen wie DORA, NIS2, DSGVO oder der EU-AI-Act Governance auf ein neues Niveau heben? Die kurze Antwort: Eine zentrale. Die lange Antwort lesen Sie hier.

Digitale Transformation: Von IT-Unterstützung zur Wertschöpfung mit Technologie

Digitale Transformation heißt nicht, Papier in PDFs zu verwandeln, sondern Geschäftsmodelle neu zu denken: Plattformen statt Produkte, Ökosysteme statt Ketten, Produkt-IT statt Projekt-IT. Für COBIT bedeutet das eine Verschiebung des Fokus – weg von rein operativen Kontrollfragen hin zu einer zielorientierten Steuerung von Technologie-Investitionen, die Business-Outcomes nachweislich verändern. Zukünftige COBIT-Ausprägungen werden deshalb:

So wird COBIT zur Übersetzungsschicht zwischen Strategen, Finanzern, Produktteams und Regulierung – und verhindert, dass „Digital“ entweder nur ein Kostenblock oder ein Compliance-Risiko bleibt.

Daten als Vermögenswert: Data Governance, DataOps und Schutzbedarf in einem System

Wer Wert aus Technologie heben will, muss Daten als Asset begreifen. Klassische Datenrichtlinien reichen dafür nicht aus; es braucht Governance, die Datenqualität, Nutzungsrechte, Schutzbedarf und Wertbeitrag gleichzeitig betrachtet. Künftige COBIT-Schwerpunkte werden daher:

COBIT wird so zur Leitlinie, Data Governance nicht isoliert, sondern in die Technologie- und Geschäftssteuerung integriert umzusetzen.

KI-gestützte Unternehmen: Algorithmische Verantwortung wird zur Governance-Pflicht

Mit KI-gestützten Entscheidungen steigen Nutzen und Risiken zugleich: Verzerrungen, Erklärbarkeit, Modellverfall, IP-Risiken, Haftung. In der Praxis verschmelzen MLOps (Betrieb von Modellen), Modell-Risikomanagement und Compliance. Zukünftige COBIT-Erweiterungen werden:

So wird COBIT zum Schutzgeländer für KI-Innovation: schnell, aber sicher.

Cloud, Multi-Cloud und Edge: Plattform-Governance statt Server-Kontrolle

In Multi-Cloud-Realitäten zählt nicht das Rechenzentrum, sondern die Plattform: Identity, Netzwerk, Observability, Secrets, IaC, FinOps. Künftige COBIT-Profile werden:

Governance wandert damit von Hardware-Inventaren zu plattformbasierten Service-Schnittstellen – skalierbar, automatisiert, auditierbar.

Cyber-Resilienz und Regulierung: Von Compliance-Last zur Resilienz-Rendite

Regulatorik wie DORA (Finanz), NIS2 (Kritische Sektoren) oder SecNumCloud, HIPAA & Co. erhöhen die Messlatte. COBITs Stärke ist die Harmonisierung: Ein Governance-System, das verschiedene Vorgaben kohärent abbildet und wirksam macht. Zukünftig wird COBIT:

Compliance wird damit Nebenprodukt einer wirkungsorientierten Resilienzsteuerung.

Nachhaltigkeit und ESG: Green IT wird zu Green Governance

Nachhaltigkeit ist kein CSR-Aufkleber mehr, sondern Steuerungsgröße – auch in der IT. Rechenzentren, Cloud-Regionen, Netzwerke, Endgeräte und Datenhaltung verursachen CO₂e-Emissionen und Kosten. COBIT kann hier:

So wird Nachhaltigkeit messbar, steuerbar und revisionsfest – eingebettet in die IT-Governance.

Integration mit anderen Frameworks: Ein Orchestrator statt Konkurrent

COBIT war nie ein Entweder-Oder, sondern ein Dach. Diese Rolle wird wichtiger:

COBIT bleibt damit Ankerpunkt – nicht die einzige Sprache, aber die gemeinsame Grammatik.

Branchenspezifische Erweiterungen: Gleiche Logik, andere Gewichtung

Die Grundlogik ist universell, die Schwerpunkte variieren:

COBIT-Module (Focus Areas) können diese Domänenlogik mit konkreten Kontrollen und Metriken ausprägen.

Agilität und Governance: Guardrails statt Bremsschwellen

Die Herausforderung lautet: Tempo erhöhen, Risiko steuern. COBIT kann beides, wenn Governance als Guardrail verstanden wird:

So wird Governance Enabler von Agilität, nicht ihr Gegenspieler.

Automatisierung der Kontrolle: Policy-as-Code und Continuous Controls Monitoring

Kontrollen, die nur in PDFs existieren, sind bald obsolet. Zukünftig wird gelten:

COBIT bietet dafür die Steuerungslogik; Tooling liefert die Ausführung.

Menschen, Kompetenzen, Kultur: Ohne Fähigkeiten keine Wirkung

Governance scheitert oft an Rollenunklarheit, fehlenden Skills oder Kulturfragen. Zukünftig wird COBIT noch klarer:

So wird Governance gelebte Praxis, nicht „Papier-Wahrheit“.

Metriken, die zählen: Outcomes statt Aktivismus

Zukunftsfähige Steuerung misst Wirkung. Beispiele für Lagging/Leading:

COBITs Zielkaskade bleibt die Landkarte; die Metriken sind die Kilometerzähler und Kompassnadeln.

Digitale Souveränität, Open Source und Lieferkette: Governance über die Grenzen

Software-Lieferketten sind global und porös: Open-Source-Bibliotheken, KI-Modelle, Datenmarktplätze. Governance muss die Kette steuern:

COBIT kann hier Standard-Policies und KRI-Sets liefern, die Procurement, Legal, IT und Risk gemeinsam nutzen.

Öffentliche Hand und gemeinwohlkritische Dienste: Vertrauen durch Governance

Verwaltungen, Bildungs- und Gesundheitssektor stehen unter besonderer Beobachtung: Transparenz, Interoperabilität, Souveränität sind hier gleichwertige Ziele neben Effizienz. COBIT hilft:

So wird aus Digitalisierung Vertrauensarbeit – belegt und belastbar.

Was das alles für die Praxis bedeutet

Für Vorstände/Aufsicht: Governance wird sichtbarer und steckbriefartig: klare Ziele, reale Risiken, Entscheidungsoptionen – weg vom Tool-Detail.
Für CIO/CTO/CISO/CDO: COBIT wird zum Orchestrator für Plattform-, Daten-, Security- und Produktsteuerung – mit klaren Schnittstellen und gemeinsamen Metriken.
Für Produkt- und Platform-Teams: Guardrails statt Blockaden, Self-Service-Plattformen statt Ticket-Wüsten, klare Ownership.
Für Risk/Compliance/Audit: Kontinuierliche Evidenz und übergreifende KRI/KPI-Sets ersetzen einmalige Stichproben und Excel-Silos.

Realistische Zukunftsszenarien für COBIT (5–10 Jahre)

Fazit: COBIT bleibt – weil es sich weiterbewegt

Die Welt wird schneller, vernetzter, regulierter. Gerade deshalb braucht es ein stabiles, adaptives Governance-System, das Wert, Risiko und Geschwindigkeit ausbalanciert. COBIT hat sich über Jahrzehnte bewährt, weil es sich wandelt: von Prozesskatalogen zu Gestaltungsprinzipien, von Reifegraden zu Outcome-Metriken, von Papierkontrollen zu automatisierter Evidenz.

Die zukünftige Rolle von COBIT ist damit klar umrissen:

IT-Governance bleibt kritisch. COBIT bleibt relevant – weil es hilft, das Richtige zu tun und es richtig zu tun.