

C5 – der Cloud Computing Compliance Criteria Catalogue des BSI – hat eine erstaunliche Karriere hinter sich. Was als Antwort auf die notorische Intransparenz großer Plattformen begann, ist heute vielerorts Prüfstandard, Einkaufsfilter und Beruhigungspille in einem. Genau darin liegt die Gefahr: Wenn C5 nur noch als Etikett am Anbieterprofil hängt, verliert er seine Kraft. Dann wird aus der Idee einer belastbaren, nachvollziehbaren und anschlussfähigen Prüfung ein Alibi. Und Alibis sind bequem – bis der erste Vorfall Druck erzeugt und plötzlich alle wissen wollen, was, wann, warum geprüft wurde, wer wofür verantwortlich ist und welche Belege den Unterschied machen. Dieser Beitrag zeigt, wie C5 vom Stempel zur Steuerung wird: als operativer Prüfrahmen, der Architektur, Betrieb, Einkauf, Recht, Revision und Aufsicht zusammenbringt, statt sie in parallelen Diskussionen verharren zu lassen.
Die Frage „Audit oder Alibi?“ entscheidet sich an einer simplen Beobachtung: Entstehen Beweise nebenbei im Betrieb – oder werden sie nachträglich zusammengetragen, wenn ein Audit im Kalender steht? Ein Katalog allein beantwortet das nicht. C5 liefert die Sprache (Kontrollziele, Kontrollen, Feststellungen, Zeiträume), aber erst die Umsetzung schafft Substanz. Dort, wo Unternehmen C5 am Lebenszyklus ausrichten, verändert er das Arbeiten:
Der Unterschied ist fundamental: Wer C5 so versteht, verschiebt Energie vom „Sammeln für Auditor:innen“ zum „Steuern für den Betrieb“. Das macht schneller, ehrlicher und resilienter.
Dass C5 zum Lippenbekenntnis verkommt, erkennt man an wiederkehrenden Mustern. Dazu gehören One-Off-Dokumente (wordschöne Richtlinien ohne Durchgriff in Systeme), Checklisten-Orgien (viel Abhaken, wenig Wirkung), Inselprotokolle (Logs dort, wo niemand sie braucht), Random-Screenshots (Momentaufnahmen statt Ketten) und Zertifikate als Gesprächsverhinderer („Wir sind C5-auditiert, also ist alles gut“). Kritisches Gegenmittel ist die Frage: „Wo ist der Schalter?“ – also der technische Punkt, an dem eine C5-Anforderung automatisch greift. Gibt es ihn, ist C5 lebendig. Gibt es ihn nicht, ist C5 Rhetorik.
C5 ist stark, weil er Rollen sauber trennt: Was liegt beim Provider? Was beim Kunden? Zwischen diese Seiten gehört ein Arbeitsvertrag – nicht nur juristisch, sondern operativ. Er enthält:
So wird aus „gemeinsamer Verantwortung“ kein freundlicher Nebel, sondern eine arbeitsteilige Taktung. Wenn der Provider einen Sicherheits-Hinweis verschickt, ist klar, welche Pipeline blockt, welche Ausnahme greift, welches Team entscheidet, welche Kundeninformation wann rausgeht und welches Evidenzpaket ins Archiv fällt.
Ein echter Prüfrahmen lebt von wenigen harten Regeln mit großem Hebel. Drei Beispiele:
Solche Regeln sind Prüf- und Betriebsziele zugleich. Auditor:innen sehen die Wirkung; Teams spüren die Hilfe.
Wenn C5 zum Prüfrahmen wird, gibt es ein Evidenzfundament. Es ist systemnah, signiert, versioniert und adressierbar. Es sammelt:
Entscheidend ist die Wiederverwendbarkeit. Dieselben Daten bedienen Betrieb, Management-Reports, Audits und Aufsichtsanfragen. Keine separaten „Audit-Ordner“ mehr, keine toten Excel-Kopien; stattdessen Sichten aus einem System der Wahrheit.
C5 wird dort scharf, wo Prüfziele an Zeit gekoppelt sind. Vier Uhren verleihen Zähne:
Dazu Time to Proof: Zeit bis zur belastbaren Evidenz für Dritte. Diese Uhren gelten je kritischem Prozess, nicht global. Sie haben Schwellen und Konsequenzen: Reißt eine Uhr, löst ein Gate aus, folgt ein Drill, verschiebt sich Budget. So wird Governance steuerbar.
C5 entfaltet gerade in der Lieferkette Wirkung – sofern Drittparteien den Anschluss liefern. Gute Verträge sichern:
Das Ziel ist weniger „Harte Hand“ als gemeinsame Professionalität. In einem Vorfall verhindert Anschlussfähigkeit den bekannten Satz „Wir warten noch auf Informationen des Dienstleisters“ – den niemand mehr hören will.
Backups sind Prüfungsstolz und Praxishürde. C5 stellt Fragen nach Strategie, Medien, Prozessen; echte Prüfrahmen beantworten zusätzlich: Wie vermeiden wir Schattenrisiken? Konkret:
Damit wird aus „Wir sichern“ ein „Wir können wirklich wiederherstellen und nachweisen, was gelöscht wurde“.
Ein Indikator für Reife sind Sätze, die plötzlich normal klingen:
Das ist keine Rhetorik. Das ist Betrieb, der Prüfziele ernst nimmt. Auditor:innen sehen die Spuren; Kund:innen spüren die Professionalität; Teams erleben Tempo statt Blockade.
Überkomplexe Policy-Landschaften erzeugen Ermüdung. Ein echter C5-Prüfrahmen setzt auf Reduktion. Zehn wirksame Schalter schlagen hundert Seiten Richttext:
Diese Schalter sind auditfest, menschenlesbar und maschinenausführbar. Genau diese Kombination macht C5 praktisch.
Viele Häuser stehen nicht bei Null, aber mittendrin. Der Weg zu C5 als Prüfrahmen ist inkrementell:
So verschiebt sich C5 vom Prüfpunkt zur betriebsnahen Steuerung – ohne Big Bang, aber mit spürbaren Effekten nach wenigen Wochen.
DORA, NIS2, BAIT/VAIT/KAIT, MaRisk, DSGVO, branchenspezifische Leitfäden: Niemand will fünfmal dieselben Nachweise bauen. C5 ist hier die Steckdose. Seine Kontrolllogik lässt sich präzise mappen. Wiederherstellung? C5-DR-Kontrollen plus eigene Restore-Drills. Meldepflichten? C5-Incident-Prozesse plus eigene Eskalationszeiten und Kommunikationspakete. Datenlöschen? C5-Lifecycle plus Löschnachweise in der Kundenschicht und Backups. Die Kunst besteht darin, Sichten zu erzeugen, nicht Silos. Ein Evidence Layer, viele Empfänger.
Cloud ist längst nicht mehr nur Compute und Storage. Daten- und KI-Plattformen, Feature Stores, Vektor-Datenbanken, Prompt-Filter, Content-Firewalls – all das gehört in den C5-Blick. Echte Prüfrahmen setzen Messpunkte im KI-Lebenszyklus: Sourcing, Kurierung, Training, Evaluation, Shadow-Serving, Monitoring, Retraining, Drift- und Bias-Kontrollen. Sie verknüpfen diese Punkte mit Zweckbindung und Löschpfaden – auch in abgeleiteten Artefakten. So werden Datenschutz und Ethik integriert, nicht addiert.
Cloud-Nutzung ist Vertrauensarbeit. C5 macht diese Arbeit messbar. Nicht, weil sich alles in Kennzahlen pressen ließe, sondern weil Zeiten, Schalter und Spuren disziplinieren. Sie schieben Interpretationsspielraum zurück, ohne Beweglichkeit zu rauben. Sie schaffen einen Gesprächsraum, in dem man mit Kund:innen und Aufsichten ergebnisorientiert reden kann: „So sind wir gebaut, so sind die Grenzen, so ist die Zeit, so ist der Beweis.“ Das ist der Unterschied zwischen Audit und Alibi.
Am Ende ist es einfach. C5 wird zum Alibi, wenn er nachgereicht wird, wenn Regeln erzählt, aber nicht exekutiert werden, wenn Evidenz kuratiert, aber nicht generiert wird. C5 wird zum Prüfrahmen, wenn er vorn beginnt: bei Architektur, in Pipelines, in Verträgen, in Drills, in Uhrwerken. Dann wirkt er an den Übergängen, die sonst brüchig sind: zwischen Provider und Kunde, zwischen Dev und Ops, zwischen Recht und Produkt, zwischen Vorfall und Kommunikation. Und dann kippt auch das Gefühl im Haus: Audits sind keine Siege über Prüfer:innen, sondern Bestätigungen für Systeme, die ohnehin funktionieren.
Die entscheidende Gewohnheit lautet: „Zeit schlägt Status – und Beweis schlägt Behauptung.“ Wer diesen Satz in Cloud-Projekte schnitzt, braucht keine Schaukästen. Er hat Antworten – im Log, im Gate, im Drill, im Forensikpaket. Das ist C5, neu definiert: kein Anhängsel, sondern ein Prüfrahmen, der den Alltag besser macht.
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