Es beginnt oft mit einem Formular: zweihundert Fragen, die jeder Lieferant ausfüllen soll; Häkchen bei „ja/nein“, Freitextfelder für „bitte beschreiben“, angeheftet ein PDF mit Zertifikaten. Man schickt es an zehn, fünfzig, hundert Drittparteien – und spürt Erleichterung, wenn die Antwort im Posteingang landet. Doch die Erleichterung ist trügerisch. Spätestens beim ersten Lieferkettenvorfall zeigt sich: Fragebögen sind keine Feuerlöschanlage. Third-Party Risk Management (TPRM), das vor allem aus Kontrolle, Formalitäten und verspäteter Dokumentation besteht, liefert die Illusion von Sicherheit – aber nicht die Fähigkeit, Risiken zu verhindern, zu erkennen und gemeinsam zu bewältigen.
2026 markiert in vielen Häusern einen Wendepunkt. Die Schlagzahl von NIS2-Pflichten, DORA-Anforderungen, Branchennormen, Audit-Nachweisen, SBOM-Erwartungen und KI-Integrationen hat TPRM aus der Compliance-Ecke geholt und in die operative Führung geschoben. Aus „kontrollieren“ wird „kooperieren“. Aus „prüfen“ wird „prüfen und beweisen“. Aus „Dienstleister“ wird „Mitgestalter“. Diese Verlagerung ist kein weicher Kulturwunsch, sondern harte Ökonomie: Nur wer Lieferanten zur Partnerschaft befähigt, erhält die Geschwindigkeit, Transparenz und Resilienz, die moderne Geschäftsmodelle benötigen.